Die Vorwürfe gegen Durow sind an Absurdität schwer zu überbieten – Kommentar eines Juristen
Von Ilja Remeslo
Die Nachricht von Durows Verhaftung und die schweren Vorwürfe gegen ihn wie etwa Beihilfe zum Drogenhandel, Terrorismus, Betrug, Geldwäsche, Verbreitung von kriminellen Inhalten, hat ohne Übertreibung die gesamte Welt der sozialen Medien erschüttert. Der "Fall Durow" ist bislang weltweit der einzige Fall einer strafrechtlichen Verfolgung des Gründers eines sozialen Netzwerks solchen Maßstabs, dessen Reichweite fast eine Million Nutzer pro Monat umfasst.
Was an Durows Fall auffällt, ist die schiere Absurdität der gegen ihn erhobenen Vorwürfe. Durow wird vorgeworfen, sich geweigert zu haben, mit den Behörden zusammenzuarbeiten, und sich damit an den Verbrechen der Telegram-Nutzer mitschuldig gemacht zu haben, indem er ihnen half, ihre Identität vor den Behörden zu verbergen. Dafür drohen ihm in der Fünften Republik bis zu 20 Jahre Gefängnis.
Die Normen des französischen Strafgesetzbuches legen jedoch eindeutig fest, dass die Mittäterschaft eine bewusste Beteiligung an der Begehung der Haupttat oder des Vergehens sein muss. Dies ergibt sich aus Teil 1 des Artikels 121-7 des französischen Strafgesetzbuches, in dem von Bewusstsein die Rede ist, sowie aus Teil 2 dieses Artikels, in dem von Anstiftung die Rede ist, die ebenso nur eine bewusste Handlung sein kann.
Es ist klar, dass Durow nicht bewusst an den Straftaten seiner Nutzer des sozialen Netzwerks teilgenommen hat. Die Unterlassung der Moderation von Inhalten und sogar die bewusste Unterlassung der Zusammenarbeit mit den Behörden stellen einen eigenen Straftatbestand dar, der in anderen Gerichtsverfahren geahndet werden kann. Und wenn den französischen Behörden Telegram so missfällt, könnten sie es einfach sperren und sogar Sanktionen verhängen. Aber Durow für die Handlungen derjenigen verantwortlich machen, die Telegram ohne sein Wissen als Instrument für Verbrechen genutzt haben?
Mit dieser Logik könnte man zum Beispiel den Erfinder des Kalaschnikow-Sturmgewehrs der Mitschuld an der Ermordung von Millionen von Menschen beschuldigen. Oder Macron für die Verbrechen ins Gefängnis zu stecken, die in Frankreich unter seiner Aufsicht ungestraft begangen wurden. Der Präsident hat nicht rechtzeitig aufgepasst, hat es nicht verhindert, ist seinen Pflichten nicht nachgekommen – und wurde wegen Mittäterschaft zu lebenslanger Haft für Tausende Verbrechen angeklagt.
Selbst als die russischen Behörden Ansprüche gegen Durow erhoben, kam es niemandem in den Sinn, ihm auch den ganzen objektiven Schaden anzulasten, der durch die Nutzung von Telegram durch Extremisten verursacht wurde. Ja, die Geschichte der Beziehungen von Telegram mit den russischen Behörden ist wechselhaft, aber es wäre in Russland niemandem in den Sinn gekommen, Durow für 20 Jahre ins Gefängnis zu stecken. Der Journalist Tucker Carlson sagte dazu: "Es war nicht Putin, der ihn verhaftet hat, weil er der Öffentlichkeit das Recht auf freie Meinungsäußerung zugestanden hat. Es war ein westliches Land – ein Verbündeter der Biden-Administration und ein aktives Mitglied der NATO – das ihn hinter Gitter gebracht hat."
Aber "Tyrannei" gibt es in Russland und "ein schöner Garten" befinde sich im Westen, wie Borrell einmal gesagt hat. Lassen Sie sich nicht verwirren.
Zunächst berichteten französische Medien, dass der Haftbefehl wenige Minuten vor der Landung von Durows Flugzeug ausgestellt wurde. Später tauchten jedoch neue Informationen auf, dass Durow von den Ansprüchen der französischen Strafverfolgungsbehörden wusste.
Die schmutzige und überstürzte Arbeit der französischen Behörden lässt jedenfalls vermuten, dass die Franzosen nur Vollstrecker eines fremden Willens im Ausland waren. Offensichtlich ging es nicht darum, die Nutzung von Telegram durch irgendwelche fremden "Drogendealer" zu unterbinden, sondern einfach darum, Durow zu brechen und ein außer Kontrolle geratenes soziales Netzwerk dem Willen des kollektiven Westens zu unterwerfen.
Mehr zum Thema – "Rote Linie überschritten" – Rumble-Chef verlässt nach Durows Verhaftung Europa