Kanadische Polizei ermittelt wegen Graffito an SS-Ehrenmal: Aus Hassverbrechen wird Vandalismus
Die Polizei von Oakville in der südostkanadischen Provinz Ontario ermittelt weiter gegen einen oder mehrere Unbekannte, die ein Ehrenmal für ukrainische Kämpfer der 14. Waffen-Grenadier-Division der SS mit weißer Farbe besprüht haben. Nach Polizeiangaben entstand die Inschrift "Nazi-Kriegsmonument" am Denkmal auf dem Ukrainischen Sankt-Wladimir-Friedhof um den 21. Juni. Die Polizei leitete einige Tage später eine Untersuchung wegen Hassverbrechens ein.
Die Entscheidung der Behörden, die Tat als Hassverbrechen einzustufen, und ihre Weigerung, Bilder von der Schmiererei zu veröffentlichen, riefen neugierige Internetnutzer auf den Plan. Fotos des beschmierten Ehrenmals wurden Internet verbreitet und befremdeten viele Kanadier. Moss Robeson, der über Aktivitäten ukrainischer Nazikollaborateure in Nordamerika berichtet, gehörte zu den Ersten, die auf den Fall aufmerksam wurden.
Police in Ontario are investigating some recent vandalism at a local cemetery as a "hate motivated offense" but not releasing images "to prevent further spreading of the suspect’s message"—that this memorial for the Galician (????????) Division of the Waffen-SS is a "Nazi War Monument" pic.twitter.com/d3TgAhvFUF
— Moss Robeson (@mossrobeson__) July 2, 2020
Die Zeitung Ottawa Citizen fragte die örtliche Polizei, wie ausgerechnet SS-Kämpfer Opfer eines Hassverbrechens werden können. Ein Sprecher antwortete darauf schriftlich, dass das Graffito auf eine "erkennbare Gruppe" abziele. Dabei zitierte er aus dem kanadischen Strafgesetzbuch, wonach die Übermittlung von Erklärungen an einem öffentlichen Ort, die zum Hass auf eine erkennbare Gruppe anstiften, mit bis zu zwei Jahren Haft geahndet wird. Als die Meldung am 17. Juli erschien, schlug der Fall hohe Wellen im ganzen Land. Die Hauptfrage war, warum es in Kanada überhaupt Nazi-Ehrenmale gibt.
Why would Oakville Ontario allow a nazi SS monument to exist in it's city? Why would Ontario's govt allow a statue celebrating genocidal sociopaths who fought against Canadian troops? How many nazi's live in #Oakville? #onpolihttps://t.co/8v6oUTjgiT
— Pete Quily (@pqpolitics) July 17, 2020
I have more questions than I can count... the top two being how is there a monument commemorating literal Nazis in Oakville and how can defacing it by spray painting it with a literal description of what it is, a “nazi war monument” be a hate crime?! https://t.co/wgCnM93WFa
— Emilie Taman (@EmilieTaman) July 17, 2020
Dabei hatte die russische Botschaft in Kanada die Öffentlichkeit bereits im Oktober 2017 auf die Existenz solcher Monumente aufmerksam gemacht.
There are monumets to Nazi collaborators in Canada and nobody is doing anything about it. #NeverForget#Holocaust#WorldWar2pic.twitter.com/ANQ0FBk9k9
— Russia in Canada (@RussianEmbassyC) October 14, 2017
Nach der massiven Kritik ruderte die Polizei von Oakville am Freitag zurück und teilte mit, dass die Parole "Nazi-Kriegsmonument" am Ehrenmal für SS-Kämpfer nun als "Vandalismus" behandelt werde. Ein Polizeisprecher präzisierte dabei, die ursprünglich gesammelten Informationen hätten darauf hingedeutet, dass das Graffito gegen Ukrainer als "erkennbare Gruppe" gerichtet gewesen sei. Die Polizei habe keineswegs die Nazis mit der "erkennbaren Gruppe" gemeint.
Der Bürgermeister von Oakville, Rob Burton, bedauerte, dass er kein Recht habe, sich in die Angelegenheiten von Privatfriedhöfen einzumischen:
Ich persönlich finde das abscheulich. Einige meiner Familienangehörigen sind im Kampf gegen die Nazis gestorben. Wenn die Gesetze von Ontario es mir erlauben würden, das Ehrenmal zu beseitigen, wäre das bereits vor 14 Jahren [zu seinem Amtsantritt; Anm.] passiert.
Die 14. Waffen-Grenadier-Division der SS war im Jahr 1943 im Westen der Ukraine gegründet worden. Sie bestand aus einigen Zehntausend ukrainischen Freiwilligen. Die Einheit kämpfte gegen Partisanen und beteiligte sich an Strafoperationen gegen die Zivilbevölkerung, bei denen unter anderem Juden und Polen getötet wurden. Die auch als "Galizische SS-Division Nummer 1" bekannte Einheit wurde im Juli 1944 von der Roten Armee zerschlagen. Die Überreste der Division bezeichneten sich danach als "Ukrainische Nationalarmee". Im Mai 1945 ergaben sich deren Kämpfer den Alliierten. Da die meisten von ihnen aus Galizien stammen, galten sie als polnische Staatsbürger und wurden nicht an die Sowjetunion ausgeliefert. Viele wanderten später nach Kanada, Australien oder in die USA aus.
Mehr zum Thema - Kalender mit Nazi-Größen sorgt in Tschechien für Empörung