Heidelberg: Betriebsrat setzt sich vor Gericht zum Teil gegen Prominent Deutschland durch
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Von Barbara Klauß
Heidelberg. Wo hört die Meinungsfreiheit auf? Und wo fängt die Behinderung der Betriebsratsarbeit an? Was darf ein Arbeitgeber öffentlich über Arbeitnehmervertreter sagen? Und wo muss er sich zurückhalten? Zu diesen Fragen hat eine Kammer des Arbeitsgerichts Mannheim am Donnerstag einen Beschluss verkündet. Demnach dürfen Vertreter der Prominent Deutschland GmbH bestimmte Sätze über die Arbeitnehmervertreter des Unternehmens nicht wiederholen. Andere hingegen schon. "Der Betriebsrat hat sich zur Hälfte durchgesetzt", erklärte der Vorsitzende Richter Daniel Obst beim Verkündungstermin in Heidelberg.
Konkret ging es um zwei Aussagen aus dem Dezember 2019, die die Arbeitnehmervertreter als Behinderung und Drohung empfanden und deshalb einen Antrag auf Unterlassung stellten. So hatte ein Geschäftsführer des Unternehmens bei einer Mitarbeiterversammlung gesagt, der Betriebsrat verbringe durch seine Aktionen viel Zeit mit Sitzungen und Besprechungen; die anfallenden Arbeiten der Betriebsratsmitglieder müssten dann die anderen Kollegen mittragen.
In diesem Fall gab die Kammer dem Betriebsrat recht: "Eine solche Äußerung vor versammelter Mannschaft ist unzulässig und deshalb in Zukunft zu unterlassen", so der Vorsitzende. Er begründete das damit, dass diese Äußerung die Betriebsratsmitglieder unzumutbar unter Rechtfertigungsdruck bringe. Ein solcher "sich aufbauender Rechtfertigungsdruck" gegenüber der Belegschaft stelle eine nicht hinzunehmende Behinderung der Betriebsratstätigkeit dar, so Obst. Dass Mitglieder des Betriebsrats in der Ausübung ihrer Tätigkeit nicht gestört oder behindert werden dürfen, ist im Betriebsverfassungsgesetz festgeschrieben.
Zu einem anderen Ergebnis kamen die Richter mit Blick auf einen Satz, den ein Geschäftsführer der Konzernmutter Prominent auf der Versammlung gesagt hatte. Mit Verweis auf einen Stellenabbau in den USA und hohe Personalkosten in Deutschland hatte er erklärt: "Der Betriebsrat riskiert mit seinen Forderungen einen Stellenabbau in Deutschland."
Darin sah die Kammer keine Behinderung der Betriebsratstätigkeit, sondern eine "zulässige Meinungsäußerung". Habe der Arbeitgeber den Eindruck, der Betriebsrat fordere zu viel, dürfe er das sagen, so Obst. Der "betriebspolitische Meinungskampf" müsse zulässig sein – auch wenn die verschiedenen Meinungen mal schärfer formuliert seien. Hier gewichteten die Richter das grundgesetzlich geschützte Recht auf freie Meinungsäußerung des Arbeitgebers also als vorrangig.
Gegen den Beschluss kann dem Richter zufolge Beschwerde eingelegt werden. "Wir prüfen das", erklärte Türker Baloglu von der IG Metall Heidelberg, der den Betriebsrat unterstützt. "Wenn wir Erfolgsaussichten sehen, werden wir weiter gehen." Aus Sicht der Arbeitnehmervertreter sei dies kein halber Sieg, fügte er hinzu, "sondern ein voller Erfolg". Schließlich seien dem Arbeitgeber Grenzen aufgezeigt worden.
Der Streit zwischen der Prominent Deutschland GmbH dem Betriebsrat des Unternehmens schwelt schon lange. Bei zwei Kammerterminen in dieser Sache hatte Richter Obst im vergangenen Jahr versucht, eine gütliche Einigung zu erreichen. Vergeblich. Zudem gibt es weitere Konflikte, die vor dem Arbeitsgericht ausgetragen wurden. In einem Rechtsstreit ging es etwa um die Höhe der Gehälter der rund 100 Mitarbeiter; in einem anderen um ein Computerprogramm, das aus Sicht des Betriebsrats missbraucht worden war, um Leistung und Verhalten der Mitarbeiter zu überprüfen.
Die Prominent Deutschland GmbH ist eine Tochter des Heidelberger Dosierpumpenherstellers Prominent, zu dessen Geschäftsführung Rainer Dulger gehört, Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA).