Neckar-Odenwald-Kreis: Anzahl der Hantavirus-Infektionen nimmt zu
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Von Caspar Oesterreich
Neckar-Odenwald-Kreis. Zwar ist das Coronavirus auch weiterhin das bestimmende Thema in den Gesundheitsämtern, doch auch die Anzahl übermittelter Hantavirus-Fälle nimmt zu. Seit Anfang des Jahres wurden dem Landesgesundheitsamt (LGA) Baden-Württemberg bereits 63 Infektionen gemeldet. Im Vergleichszeitraum des Vorjahres waren es mit nur 13 Fällen deutlich weniger Erkrankungen. Im Neckar-Odenwald-Kreis wurden 2020 zwei Fälle bekannt, in diesem Jahr sind hier zugegeben noch keine Hantavirus-Infektionen gemeldet worden. Nichtsdestotrotz ist es aus Sicht des Gesundheitsamts in Mosbach aber sinnvoll, "jetzt zu Beginn der Freiluft- und Gartensaison noch einmal auf die Schutzmaßnahmen gegen das Virus hinzuweisen", betont Landratsamtssprecher Jan Egenberger.
Denn laut dem LGA gilt Baden-Württemberg als Endemiegebiet für Hantaviren. Das heißt, im "Ländle" treten Infektionen mit dem gefährlichen Erreger gehäuft auf. Betroffen waren in der Vergangenheit dabei vor allem Regionen mit hohem Buchenwaldanteil, wie es im Neckar-Odenwald-Kreis der Fall ist. Weil sich dort die Rötelmaus besonders wohlfühlt und die eben Hauptüberträger der Viren ist. "Gute Nahrungsbedingungen in Folge einer sogenannten Buchenmast im Herbst 2020 sprechen für ein vermehrtes Vorkommen dieser Kleinnager – und ein damit verbundenes erhöhtes Hantavirus-Expositionsrisiko", schreibt das LGA in einer Pressemitteilung.
Infizierte Nager scheiden den Erreger über ihren Speichel, Urin und Kot aus. "Deshalb ist es wichtig, sich vor allem bei Holzarbeiten im Wald und Garten sowie bei der Reinigung von Kellern, Schuppen, Scheunen und Ställen gegen möglicherweise mit Mäusekot vermengten Staub zu schützen", macht Dr. Martina Teinert, Leiterin des Mosbacher Gesundheitsamtes, deutlich.
Eine Hantavirus-Infektion sollte auf jeden Fall ernstgenommen werden, da sie das Risiko schwerer Verläufe birgt, auch wenn der überwiegende Teil der Infektionen in der Regel unbemerkt oder sehr leicht verläuft, wie Dr. Gottfried Roller, Leiter des Landesgesundheitsamts Baden-Württemberg, erklärt. "Macht sich die Krankheit bemerkbar, sind die Symptome ähnlich derer einer Grippe. Die Erkrankung beginnt dann meist mit akut einsetzendem hohen Fieber." Weitere typische Symptome seien dann Kopf- und Gliederschmerzen sowie Bauch- und Rückenschmerzen.
Bei schweren Krankheitsverläufen kann kurzfristig auch eine Dialyse – also eine Blutwäsche – erforderlich werden, warnt Roller. Bei entsprechenden Symptomen sollte daher unbedingt ein Arzt aufgesucht werden, empfiehlt er. Die Diagnose erfolge dann über die Bestimmung von Antikörpern aus einer Blutprobe des Patienten.
"Auch wenn das Hantavirus im Vergleich zu dem Coronavirus im Kreis sicherlich ein nachgeordnetes Problem ist, muss man sich klar machen, dass es derzeit hiergegen weder einen Impfstoff noch eine Erreger-spezifische Therapie gibt", betont Gesundheitsamtsleiterin Teinert. Ein erhöhtes Gesundheitsrisiko bestehe überall dort, wo Rötelmäuse vorkommen sowie bei Tätigkeiten, bei denen Staub aufgewirbelt werden kann. Kontakt zu Nagern und deren Ausscheidungen sollten deshalb tunlichst vermieden werden.
Der Mensch steckt sich in der Regel durch das Einatmen erregerhaltigen Staubes an, in dem die Hantaviren über Tage oder sogar Wochen überleben können. Bei schweren Verläufen der Erkrankung besteht sogar die Gefahr eines Nierenversagens.
Zum Schutz vor einer Infektion ließen sich "die ja überall verfügbaren FFP2-Masken sehr gut einsetzen", erklärt Teinert. "Nach den Arbeiten sollten diese dann entsorgt und die Kleidung gereinigt werden", empfiehlt sie. Weitere Schutz- und Vorbeugemaßnahmen wie etwa das Befeuchten von Flächen, um Staub zu binden, oder eine Entsorgung zuvor desinfizierter Nagerausscheidungen vermindert das Expositionsrisiko abermals.
Immer wieder kommt es in Baden-Württemberg zu sogenannten Aufbruchsjahren – zuletzt im Jahr 2019 mit 833 Fällen, wie der Stuttgarter Regierungspräsident Wolfgang Reimer erklärt. Die bislang stärkste Hantavirus-Epidemie wurde mit 1797 registrierten Erkrankungen im Jahr 2012 beobachtet. "In Baden-Württemberg treten Hantavirus-Infektionen regelmäßig auf – aufgrund der aktuellen Zahlen wird 2021 wohl ein starkes Hantavirus-Jahr werden", mahnt Reimer, in dessen Behörde das LGA angesiedelt ist, zur Vorsicht.
Der Name "Hanta" geht übrigens auf den Fluss Hantaan in Südkorea zurück, an dem in den 1950er-Jahren mehr als 3000 amerikanische Soldaten während des Koreakrieges an einem ungewöhnlich starken Fieber mit anschließend häufigen Nierenversagen erkrankten. Das dafür verantwortliche Virus wurde nach seiner Entdeckung nach Fluss benannt.
Info: Aktueller Überblick mit Statistiken und Grafiken zum Infektionsgeschehen in Baden-Württemberg unter https://tinyurl.com/4x4wtvzw