Magdeburg: Sicherheitslücke war bekannt
Am heutigen Montag traf sich in Berlin der Innenausschuss des Deutschen Bundestags zu einer Sondersitzung wegen des Anschlags auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt. Am 20. Dezember hatte ein aus Saudi-Arabien stammender Psychiater mit einem gemieteten BMW in einer Amokfahrt durch eine Gasse des Weihnachtsmarkts fünf Menschen getötet und etwa 230 verletzt.
Die Sitzung des Innenausschusses führte wohl eher zu weiteren Fragen statt zu neuen Erkenntnissen. Inzwischen ist bekannt, dass es eine Gefährderansprache der Polizei gegeben hatte, aber es ist unklar, warum seine Arbeitsstelle, eine forensische Klinik für Suchtkranke, darüber nicht informiert worden war. Auch eine ganze Reihe von auffälligen Äußerungen, sogar von Straftaten, führten nicht dazu, dass Taleb al-Abdulmohsen genauer unter die Lupe genommen wurde. "Wenn der Täter ein klassischer Islamist gewesen wäre, wäre ein solcher Anschlag deutlich weniger wahrscheinlich gewesen", folgerte der FDP-Abgeordnete Konstantin Kuhle nach der Ausschusssitzung.
Der innenpolitische Sprecher der AfD forderte: "Wenn jemand Morddrohungen gegen unschuldige Menschen ausspricht, dann muss er sein Aufenthaltsrecht verlieren!"
Der SPD-Abgeordnete Sebastian Hartmann kritisierte das Sicherheitskonzept, unter Bezug auf welches inzwischen auch mehrere Strafanzeigen gegen die Stadt, die Polizeiinspektion Magdeburg und den Veranstalter des Weihnachtsmarkts gestellt worden sind. Trotz der Absperrungen sei dort genug Platz für "zwei Panzer im Begegnungsverkehr" gewesen, meinte Hartmann.
Während im Innenausschuss wenig überraschend Innenministerin Nancy Faeser die Verabschiedung ihres letzten Gesetzespakets forderte, das unter anderem biometrische Gesichtserkennung enthält, und die CDU die Speicherung von IP-Adressen forderte, gibt es jedoch inzwischen Hinweise auf weitaus banalere Sicherheitslücken.
Drei Wochen vor dem Anschlag hatte nach einem Bericht der Magdeburger Volksstimme der Veranstalter des Marktes, die Weihnachtsmärkte GmbH, eine Mail an den Reviereinsatzdienst des Polizeireviers Magdeburg geschickt, in dem er sich beschwerte, dass die Mannschaftswagen der Polizei falsch abgestellt worden seien.
Das Sicherheitskonzept für den Weihnachtsmarkt sah vor, dass die wortwörtliche Sicherheitslücke zwischen den Betonpollern durch ein Polizeifahrzeug geschlossen werden sollte. In der Mail schrieb der Verfasser:
"Im Bereich der Hartstraße stehen die Fahrzeuge teilweise immer wieder an der falschen Position. Ich habe die Kollegen nett angesprochen und sie sagten mir, dass sie O-Ton 'keine Informationen zum Einsatz hier' haben."
Zur Tatzeit stand nach derzeitigem Kenntnisstand ein Polizeiauto in der Parkbucht für Taxis, aber nicht am eigentlich vorgesehenen Platz zwischen den Pollern. Eine Sprecherin der Landesregierung erklärte dazu nur: "Warum dies so war, ist Gegenstand der weiteren Aufarbeitung."
Mehr zum Thema - Magdeburg-Täter: Terrordrohungen unter dem X-Post der Innenministerin Faeser wurden ignoriert