Bund der Steuerzahler: "Die Schleusen sind auf – und jeder kann jetzt machen, was er will"
Der Bund der Steuerzahler warnt angesichts des von Union und SPD geplanten Milliarden-Finanzpakets vor einer unkontrollierten Schuldenpolitik. Gegenüber der Augsburger Allgemeinen sprach Verbandspräsident Reiner Holznagel von einer unverantwortlichen Selbstbedienungsmentalität der Politik:
"Die Schleusen sind auf – und jeder kann jetzt machen, was er will."
Union und SPD wollen die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse für eine massive Aufrüstung aussetzen. Viele Milliarden Euro, die dadurch an Rüstungskonzerne wie Rheinmetall, Hensoldt und Thyssenkrupp fließen, werden zukünftigen Generationen fehlen. Zudem soll ein weiteres sogenanntes "Sondervermögen", ergo weitere Schulden, für die Instandsetzung der Infrastruktur mit 500 Milliarden Euro aus dem Nichts geschaffen werden.
Holznagel prognostizierte, das "Sondervermögen" für die Infrastruktur werde wegen des Reizes hoher Bundeszuschüsse des Bundes zu überflüssigen Projekten auf Landes- und Kommunalebene führen. Er betont: "Das Sondervermögen wird zum staatlichen Selbstbedienungsladen." Dazu zog er folgenden Vergleich:
"Wenn ich Sie heute alle ins Möbelhaus einlade und sage, ich übernehme 70 Prozent der Kosten, dann wird der ein oder andere sich einen Stuhl kaufen, den er gar nicht braucht. Genau das wird mit dem Geld eines 'Sondervermögens Infrastruktur' passieren."
Die unbegrenzten Kreditmöglichkeiten für die Bundeswehr sieht Holznagel ebenfalls sehr kritisch, vor allem in Bezug auf Verantwortung gegenüber dem Steuerzahler: "Niemand muss mehr hinterfragen, ob die Planungen wirklich sinnvoll sind", kritisierte er. "Die Strukturen, die jetzt geschaffen werden sollen, haben eine Blankoscheck-Identität, weil wir keine Deckungskomponente mehr haben."
Die künftige Regierung unter Friedrich Merz – der vor der Wahl noch hoch und heilig versprochen hatte, keine neuen Schulden aufzunehmen – setze auf Kredite statt auf nötige Reformen und Einsparungen, kritisierte Holznagel. "Diesen Druck hat man mit den Über-Nacht-Beschlüssen rausgenommen." Dies gelte etwa "für einen der problematischsten Ausgabentreiber, nämlich die Rente, aber auch für die kommunale Finanzlage, die Migration, das Bürgergeld. Jetzt lehnen sich alle beruhigt zurück und sagen: Wird schon."
Auch insgesamt drohe die EU in eine neue Schuldenspirale abzurutschen: "Wir werden in nächster Zeit keine Defizitverfahren auf europäischer Ebene zu erwarten haben", sagte Holznagel mit Blick auf Pläne aus Brüssel, Verteidigungsausgaben teilweise von den Defizitvorgaben auszunehmen.
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